Frankfurter Rundschau  18.11.2013

Demo für Pressefreiheit in der Türkei Gefängniszelle am Opernplatz

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"Freiheit für Journalisten" fordern türkische Demonstranten auf dem Opernplatz und haben dafür die Gefängniszelle eines Inhaftierten nachgebaut.  Foto: Michael Schick

Türkische Organisationen bauen am Opernplatz eine Gefängniszelle auf - es ist ein Nachbau jener Zelle, in der der Journalist und Oppositionspolitiker Mustafa Balbay sitzt. Er sei kein Einzelfall, so die Demonstranten, die in Frankfurt mehr Pressefreiheit in der Türkei forderten.

Am Sonntagnachmittag haben rund 80 Menschen am Opernplatz für mehr Pressefreiheit in der Türkei demonstriert. „Ich komme aus der Türkei, dem Land in dem Justiz, Demokratie und Menschenrechte mit Füßen getreten werden“, sagte Gülşah Balbay. Sie ist die Ehefrau des Journalisten und Abgeordneten der kemalistischen CHP Mustafa Balbay, der im Sommer zu 34 Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden ist. Der Grund: Er soll Mitglied der Ergenekon Terrororganisation sein. Für viele ein Vorwand, um den regierungskritischen Balbay mundtot zu machen.

Zehn türkische Organisationen beteiligten sich an dem Protest und hatten ein Duplikat der Gefängniszelle von Balbay aufgestellt. „Die Zahl der unschuldig inhaftierten in der Türkei ist alarmierend“, sagte Atila Karabörklü von der Türkischen Gemeinde Hessen. 62 Journalisten sitzen in Haft, für weitere 200 dauern die Gerichtsverhandlung noch an. "Wir erheben unsere Stimme und schweigen nicht."

 "In der Türkei sitzen  mehr Medienvertreter im Gefängnis, als in China", sagte der SPD-Stadtverordnete Turgut Yüksel. Das sei ein Zeichen dafür, dass diese Demokratie nicht alle Facetten der Freiheit gewähre. Die deutsche Politik müsse Druck auf die Türkei ausüben, wenn diese in die Wertegemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen werden wolle. Hilime Arslaner-Gölbaşı, Stadtverordnete der Grünen ist sich sicher, dass durch die Protestaktion ein Zeichen an die Bundespolitik gesendet werden konnte.

 Gülşah Balbay appellierte an die deutsche Politik und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Petition, die ihr Mann deutschen Parlamentariern übergeben hatte, zu unterzeichnen. Diese fordert vom türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, die Freilassung aller, die im Rahmen des Ergenekon-Prozess verurteilt worden sind. „Für uns ist zuerst die Freiheit und Demokratie wichtig“, sagte Balbay.

 Wenn ein Land, nicht weit entfernt von Deutschland, sich rapide auf eine Diktatur zubewege und ein Volk unter der Last des Faschismus zermalmt werde, "glaube ich nicht, dass Sie in der Lage sind, dass mit sich selbst zu verantworten", so Balbay zu den Versammelten. "Unser Kampf dient dazu, dem Diktator zu sagen: Jetzt ist es genug." Ihre Rede im Wortlaut findet sich hier zum Download.

 

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